+++ Unzureichende Arbeitsweise im Ministerium für Schule und Bildung +++ Entscheidungen hinsichtlich der Thematik "G8/G9" beruhen auf einer falschen Faktenlage +++ Mehrere Hunderttausend Schüler verbleiben nach Plänen des Ministeriums unnötig in einer "G8-Geiselhaft" +++

Sehr geehrter Herr Laschet,

am Freitag, 22.09.2017, fand das Verbändegespräch mit Frau Ministerin Gebauer statt. Zu folgenden Aspekten haben sich die Verbände sowie unsere Elterninitiative positioniert:

- Fragen zum vorgesehenen rechtlichen Verfahren
- schulfachliche Aspekte zur Ausgestaltung der Sekundarstufe I unter den neuen Rahmenbedingungen

Ein Protokoll des Ministeriums wird Ihnen sicher Einblicke in den inhaltlichen Verlauf gewähren.

Die Ministerin betonte gleich zu Beginn der Veranstaltung, dass sie bis zum Ende des Gesprächs nicht allen Forderungen gerecht werden könne. Dadurch bekannte sie sich dazu, dass einige Eckpunkte bereits feststanden und ihrerseits keine Chance auf Änderung hätten.

Zu diesen unumstößlichen Eckpunkten zählte sie den Ausschluss der aktuellen Jahrgänge ab Stufe 5. Mehrere Hunderttausend Schüler werden dadurch in einer "G8-Geiselhaft" verbleiben. So stellte sie klar: Im >Zweifel< werden nur die aktuellen Schüler der Klassen 3 und 4 einbezogen. Jegliche Argumente unsererseits für eine Einbindung weiterer Jahrgänge wurden abgelehnt.

Einen Ausschluss weiterer Jahrgänge begründete das Ministerium darin, dass einerseits keine Lehrpläne für die betroffenen Jahrgänge zur Verfügung ständen und eine Erarbeitung derselben zu aufwendig sei. Andererseits würde laut Aussage der >Landeselternschaft der Gymnasien< bereits in "vier" Jahren ein zusätzlicher Raumbedarf durch die Umstellung der Jahrgänge 5-8 entstehen, ginge man von einem anvisierten Beginn im Jahre 2019/2020 aus. Diesem Bedarf könnten in "vier" Jahren weder Kommunen aufgrund von finanziellen Engpässen noch die Bauindustrie nachkommen. Diese Aussage nutzte das Ministerium ebenfalls als Begründung für den Ausschluss von vielen Hunderttausend Schülern.

Diese beiden Begründungen beruhen auf einer falschen Faktenlage:

1) Es ist sachlich falsch, dass keine Lehrpläne für einen G9-Bildungsgang zur Verfügung stehen. Es gibt in NRW 13 Gymnasien, die einen G9-Bildungsgang anbieten.

https://www.derwesten.de/incoming/abitur-an-14-nrw-schulen-wieder-nach-neun-jahren-moeglich-id4227359.html

Diese verfügen auch über notwendige Lehrpläne
Dass und wie diese vorhandenen Curricula zu nutzen sind, um für die Jahrgänge 7 und 8 problemlos "Übergangslehrpläne" bereit zu stellen, können Sie in meinem Datei-Anhang insbesondere auf Seite vier nachlesen.

Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Aussage von Herrn Fleischhauer, Abteilungsleiter im NRW-Schulministerium, der sich in anderen Belangen auch nicht scheut, Herausforderungen zu bewältigen:

"Inklusive Bildung und das Ideal einer leistungsorientierten Schule der Vielfalt, in der alle ihre Begabungen und Kompetenzen im Miteinander entwickeln und ausbauen können, gehören für mich untrennbar zusammen. Der Weg zu diesem Ziel mag herausfordernd sein; daher können auch Umwege sinnvoll sein, so lange die Richtung stimmt und das Ziel im Auge behalten wird.“

http://unesco.de/bildung/inklusive-bildung/expertenkreis-inklusive-bildung/expertenkreis-mitglieder.html

Gemessen an dieser im Zitat dargestellten Aufgabe, ist die Bereitstellung von Übergangslehrplänen für die Jahrgangsstufen 7 und 8 eine Leichtigkeit.

Damit wäre die erste Begründung des Ministeriums widerlegt.

2) Es ist sachlich falsch, dass bereits in "vier" Jahren ein zusätzlicher Raumbedarf durch die Umstellung auch der Jahrgänge 7 und 8 entsteht. Der Raumbedarf ergibt sich erst in sieben Jahren, wie folgender Link dargestellt:

"Das Abitur nach 13 Schuljahren wird für die heutigen Grundschüler der 3. und 4. Klassen der Regelfall werden. Zwar soll das G9 erst zum Schuljahr 2019/2020 starten, aber auch Schülern die dann in die sechste Jahrgangstufe wechseln, soll das Abitur nach 13 Jahren ermöglicht werden. Auf Antrag können Gymnasien für den Verbleib in G8 entscheiden. Der gesteigerte Raumbedarf durch G9 erreicht die Schulen erst im Schuljahr 2026/2027, was den Kommunen ausreichend Zeit gibt, die baulich notwendigen Maßnahmen bis dahin zu realisieren."

https://www.report-k.de/layout/set/print/Report-D/Wirtschaft/Bildung/Duesseldorf-NRW-Schulministerin-Yvonne-Gebauer-hat-2139-freie-Stellen-82766https://www.report-k.de/layout/set/print/Report-D/Wirtschaft/Bildung/Duesseldorf-NRW-Schulministerin-Yvonne-Gebauer-hat-2139-freie-Stellen-82766

Folglich ergibt sich der Bedarf beim Einbezug zwei weiterer Jahrgänge erst im Jahr 2024, also in sieben statt vier Jahren. Dieser Zeitraum sollte den Kommunen ausreichend Zeit geben, die baulich notwendigen Maßnahmen unter Einbezug sämtlicher Fördermittel durch Bund und Land zu realisieren. Zu bedenken ist ebenfalls, dass nicht jede Schule realen Anspruch auf neue Räume hat. Denn Fakt ist auch, dass bis zum Schuljahr 2013 (als der letzte G9-Jahrgang die Schulen verließ) genug Räumlichkeiten zur Verfügung standen. Wohin sind diese innerhalb von drei Jahren verschwunden...?

Damit wäre auch die zweite Begründung des Ministeriums widerlegt.

Schließlich sollte die strikte Ablehnung des Ministeriums hinterfragt werden, die zahlreichen positiven Erfahrungswerte aus Niedersachsen zu berücksichtigen, die sich aus dem Einbezug der laufenden Jahrgänge 5-8 zum Zeitpunkt der Umstellung ergaben. Ein Austausch mit mehreren Schulleitern in Niedersachsen seitens der Elterninitiative zeigte, dass die Herausforderungen überschaubar und leicht zu bewältigen waren.
Die positiven Aspekte der Umstellung der Jahrgänge 5-8 überwogen. Die Schulleiter boten uns an, für weitere Fragen zur Verfügung zu stehen. Somit ist die ablehnende Haltung der Ministerin keineswegs nachvollziehbar.

Aufgrund dieser Darlegungen bitte ich Sie, kommen Sie Ihrer Verantwortung nach, für die rechtmäßige Arbeitsweise im Ministerium für Schule und Bildung zu sorgen. Es darf nicht sein, dass das Schicksal vieler Hunderttausend Schüler von Entscheidungen abhängt, die auf einer falschen Faktenlage beruhen.

Bitte sorgen Sie dafür, dass diese Schüler einer "G8-Geiselhaft" entkommen: Ein Jahr mehr Zeit zur Vertiefung der Inhalte und Reife der Persönlichkeit sorgt für eine positive Auswirkungen auf die Bildung und persönliche Entfaltung auch laufender Jahrgänge. Negative Auswirkungen von G8 können so vermieden bzw. eingeschränkt werden. Denn mehr als Hunderttausend Schüler würden ansonsten weiter darunter leiden.

Diesen Brief werde ich öffentlich machen, da es sich um Anliegen der Bevölkerung handelt. Diese hat ein Recht darauf, über die Vorgehensweise der Landesregierung informiert zu werden. Durch Ihr Handeln im Sinne der betroffenen Schüler haben Sie die Chance, das Vertrauen der Bürger aufrecht zu erhalten, das Ihnen in Form des Landtagswahlergebnisses geschenkt wurde.

Herzliche Grüße
Ivonne Kunze

Regionalkoordinatorin des Volksbegehrens

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